Kongress

Jubiläumskongress 50 Jahre Stockwerkeigentum am 7. Mai in Zürich

Vieles spricht dafür, dass sich der Boom weiter fortsetzt und sich Stockwerkeigentum auf lange Sicht weiter einer grossen Popularität erfreut. Die am Podium anwesenden Experten rechneten vor, dass die Schweiz insgesamt über eine Million Stockwerkeinheiten zählt. Für die Wohn- und private Vermögenssituation sehr vieler Menschen kommt dem Stockwerkeigentum heute zentrale Bedeutung zu. Auf dem Podium wurde zudem die Grundsatzfrage diskutiert, ob die gesetzlichen Regelungen des Stockwerkeigentums aus dem Jahr 1965 reformiert werden müssen oder nicht. Über 200 Gäste besuchten am 7. Mai den Jubiläumskongress 50 Jahre Stockwerkeigentum im Hotel Park Hyatt in Zürich. Der Anlass stiess auch bei den Medien auf eine positive Resonanz. Als Vertreter der Medien war unter anderem ein Inlandredaktor der NZZ anwesend, hinzu kamen mehrere Journalisten und Redaktoren von Fachmedien wie «Immobilien Business», «immobilia» und «baublatt».

Als Referenten und Podiumsteilnehmer nahmen folgende Persönlichkeiten teil:

  • Feyza Ciritoglu, Leiterin Immobilienverkauf, Mobimo Management AG
  • Fredy Hasenmaile, Leiter Real Estate Research, Credit Suisse AG
  • Lorenz Heim, VZ Vermögenszentrum
  • Dominik Romang, lic. iur., Rechtsanwalt, Präsident Schweizer Stockwerkeigentümerverband
  • Prof. Dr. iur. Amédéo Wermelinger, Rechtsanwalt
  • David Strohm, Wirtschaftsredaktor NZZ am Sonntag (Moderation)

Die Experten waren sich weitgehend einig, dass das Stockwerkeigentum weiter regen Zulauf haben wird. «Der anhaltend hohen Produktion an neuen Eigentumswohnungen steht auch tatsächlich eine starke Nachfrage gegenüber», sagte Fredy Hasenmaile, Leiter Real Estate Research bei der Credit Suisse. Sehr viel spricht dafür, dass Eigentumswohnungen respektive Stockwerkeigentum in den nächsten Jahren die bevorzugte Eigentumsform darstellen werden. Dem Stockwerkeigentum steht somit eine rosige Zukunft bevor. Vor allem der geringere Verbrauch an Siedlungsfläche gilt als triftiges Argument. Wenn die Raumplanung die Maxime der «Verdichtung nach innen» in den bestehenden Bauzonen zum Prinzip erhebt, und wenn wir gleichzeitig weiter mit einem Bevölkerungswachstum bzw. Zuwanderung rechnen, führt kein Weg an der weiteren Verbreitung des Stockwerkeigentums vorbei. Hasenmaile verwies weiter auf den sich ändernden Aufbau der Alterspyramide: Im Hinblick auf die Pensionierung und das Alter ziehen viele Menschen eine Eigentumswohnung einem grösseren freistehenden Haus mit Garten vor.

Stockwerkeigentum: Der Boom hält weiter an

Der Boom des Stockwerkeigentums dürfte sich damit ähnlich wie in den letzten Jahren weiter fortsetzen. Der grundsätzliche Wunsch nach Wohneigentum in der Bevölkerung, aber auch die weiter tiefen Zinsen sind wesentliche Treiber dafür. Allein in der Zeitspanne zwischen dem Jahr 2000 und 2010 legte die Zahl der selbstbewohnten Eigentumswohnungen in der Schweiz um rund 57 Prozent zu. Gemäss Schätzungen von Hasenmaile gibt es in der Schweiz aktuell rund 400’000 Stockwerkeinheiten, die als Erstwohnungen genutzt werden. Hinzu kommen eine noch grössere Zahl an Zweitwohnungen im Stockwerkeigentum, aber auch Büros oder Geschäftsflächen im Stockwerkeigentum. In der Summe ergibt dies für die ganze Schweiz eine Zahl von rund einer Million Stockwerkeinheiten. Sowohl für die Wohn- als auch für die Vermögenssituation kommt dem Stockwerkeigentum somit eine entscheidende Bedeutung zu.

In der von David Strohm moderierten Expertenrunde und in den Referaten war die Frage nach einer Reform der gesetzlichen Bestimmungen zum Stockwerkeigentum im Vordergrund. Abgesehen von kleineren Änderungen der gesetzlichen Bestimmungen im Jahr 2012 blieben die entsprechenden Abschnitte im Zivilgesetzbuch (ZGB) seit der Einführung des Stockwerkeigentums 1965 praktisch unverändert. Aus der Praxis ergeben sich laut Amédéo Wermelinger, Rechtsprofessor an der Universität Fribourg, durchaus verschiedene Ansätze und Anliegen, um neue Lösungen zu ermöglichen: Wermelinger schlug am Kongress in Zürich zum Beispiel vor, den heute häufigen «Kauf ab Plan» einer Eigentumswohnung gesetzlich zu regeln. Im Gesetz sei dieser Vorgang gar nicht abgebildet, das ZGB sehe die Begründung von Stockwerkeigentum an einem (bestehenden) Gebäude vor.

Reform des Gesetzes zum Stockwerkeigentum

Im Fokus ist im Übrigen die Frage von Reserven für Erneuerungen älterer Gebäude im Stockwerkeigentum. Professor Wermelinger vertrat die Auffassung, dass die Bildung von Rücklagen über einen Erneuerungsfonds besser und verbindlicher zu regeln sei. Denn nur mit entsprechend dotierten Erneuerungsfonds sind später überhaupt die nötigen Mittel vorhanden, um baulich und technisch notwendige Erneuerungen finanzieren zu können. «Bereits ein einzelner Stockwerkeigentümer sollte das Recht haben, die Errichtung eines Erneuerungsfonds zu verlangen», so Wermelinger. Gemäss den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen ist ein Erneuerungsfonds freiwillig. Laut dem Experten wäre zudem eine Regelung sinnvoll, wonach der einmal eingerichtete Erneuerungsfonds auch tatsächlich geäufnet werden muss (Äufnungspflicht). Weiter fand Wermelinger, dass die weit gehenden Partikularinteressen der einzelnen Stockwerkeigentümer zugunsten der Gemeinschaft in einigen Punkten begrenzt werden müssten. Ein Beispiel: Liegt das Stockwerkeigentum auf einem Stück Land im Baurecht, so genügt nach Ablauf des Baurechts eine einzige Gegenstimme, um eine Verlängerung des Baurechts zu verhindern.

Behauptung über Erneuerungsstau «aufgebauscht»

Dominik Romang, Rechtsanwalt und Präsident des Schweizer Stockwerkeigentümerverbandes argumentierte, dass die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen zunächst einmal besser angewendet werden müssten, bevor über Reformen des Gesetzes gesprochen werde. Weiter gelte es, den Wissensstand in der Bevölkerung und bei Stockwerkeigentümern noch zu verbessern. «Die Einschätzungen, dass dringend nötige Sanierungen im Stockwerkeigentum oft blockiert sind, werden aber aufgebauscht», so Romang. Aus der Praxis seien kaum konkrete Fälle bekannt, wo ein solcher Rückstau an Bauerneuerung tatsächlich sichtbar sei. Romang räumte aber ein, dass die Sanierungen frühzeitig und gründlich geplant werden müssen. «Dabei spielen die von den Stockwerkeigentümern eingesetzten Verwaltungen eine zentrale Rolle», sagte Romang. Diese müssten professionell agieren und die entsprechenden Planungen an die Hand nehmen. Hinzu kommt, dass das Gesetz schon jetzt jedem Stockwerkeigentümer das Recht gibt, notwendige bauliche Massnahmen umzusetzen oder wenn nötig durch ein Gericht durchzusetzen. Für «notwendige» oder im Sinne des Gesetzes «nützliche» Erneuerungen genügt bereits das einfache Mehr bzw. die Zustimmung der Hälfte der Eigentümer und Wertanteile.

Szenario Ersatzneubau

Sowohl Wermelinger als auch Romang und die anderen Experten stimmten darin überein, dass ein ganz bestimmtes Problemfeld noch einer Lösung harrt: nämlich das Szenario von Abbruch und Neubau älterer Liegenschaften im Stockwerkeigentum. Für einen solchen einschneidenden Schritt sieht das Gesetz bis jetzt keine Lösung vor. Für eine befriedigende Lösung müssten verschiedene Aspekte berücksichtigt werden. Wird das Gebäude abgebrochen, verliert der einzelne Stockwerkeigentümer seine Wohnung, ein Stück weit auch seine Identität, und ein Teil seines Vermögens muss abgeschrieben werden. Offen ist auch, wie die Banken solche Fälle regeln würden, die als Hypothekengeber mitinvolviert wären. Laut Professor Wermelinger müssten neue Ansätze und gesetzliche Anpassungen «pragmatisch» erfolgen. «Man soll das Kind nicht mit dem Bad ausschütten», fasste Professor Wermelinger zusammen.

Forderungen des Schweizer Stockwerkeigentümerverbandes

  • Der Wissensstand über die rechtlichen Grundlagen des Stockwerkeigentums in der Bevölkerung und unter Stockwerkeigentümern muss noch verbessert werden.
  • Bevor auf dem politischen Weg gesetzliche Änderungen des Stockwerkeigentums angestrebt werden, müssen die bestehenden Bestimmungen erst einmal besser und konsequenter umgesetzt werden. «Notwendige» und «nützliche» bauliche Massnahmen können von den Stockwerkeigentümern bereits heute mit einfachem Mehr bzw. mit Zustimmung der Hälfte der Eigentümer und Wertanteile beschlossen werden (Art. ZGB 647c und 647d). Ebenfalls können bereits heute «notwendige» Massnahmen, die vermeiden helfen, dass sich der Wert des Gebäudes verschlechtert, notfalls über ein Gericht durchgesetzt werden.
  • Mit der zunehmenden Dauer des Stockwerkeigentums – seit der Einführung 1965 sind 50 Jahre vergangen – wird sich öfters die Grundsatzfrage nach Abbruch und Neubau von Gebäuden im Stockwerkeigentum stellen. Seit der letzten ZGB-Revision kann ein Stockwerkeigentümer auf Aufhebung klagen, wenn das Haus seit mindestens 50 Jahren in Stockwerkeinheiten aufgeteilt ist und «wegen des schlechten baulichen Zustands nicht mehr bestimmungsgemäss genutzt werden kann». Für Dominik Romang, Präsident des Schweizer Stockwerkeigentümerverbands, stellt diese neue Passage noch keine wirklich befriedigende Lösung dar: «Auslegungsprobleme sehe ich bei der Frage, wann überhaupt ein Gebäude in einem Zustand ist, dass es nicht mehr bestimmungsgemäss nutzbar ist.» – Der Schweizer Stockwerkeigentümerverband fordert deshalb, dass die Politik entsprechende, klarere Lösungen und Ergänzungen des Gesetzes ausarbeitet.

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